Datensicherheit | Technologie | 7 Minuten Lesezeit

EINE VISION FÜR DIE DIGITALE IDENTITÄT.

08. Dezember 2020

Können zentral, transparent und ökonomisch verwaltete Daten einen echten Mehrwert für Verbraucherinnen und Verbraucher und deren digitale Identität schaffen? Hendrik Nehnes, Chief Technology Officer bei Regis24, ist davon überzeugt. Im Interview erläutert er, warum.

Digitale Identität muss größer gedacht werden

Hendrik, deine Vision beinhaltet eine zentrale Datenhaltung. Im Moment speichert noch jedes Unternehmen seine eigenen Daten. Welchen Anreiz hätte es für Verbraucherinnen und Verbraucher, ihre Daten bei einem zentralen Anbieter zu speichern?

Hendrik Nehnes: Viele Unternehmen, die auf ihren Daten sitzen, denken, ihr Wissen ist Macht. Selbst in der Medizin. Aber man könnte wirklich vieles verändern, wenn die Daten und damit alle digitale Identitäten zentral verwaltet würden. Europaweit. Das ist wie mit Umweltschutz: Wenn du nur hier in Deutschland aktiv wirst, bringt das nichts. Das muss größer gedacht werden. Meines Erachtens ist das mit der digitalen Identität ganz genauso. Der Schlüssel ist aus meiner Sicht die Zusammenführung von vielen verschiedenen, separat verwendeten Datenquellen zu einer einzigen: Hier liegen alle Informationen zu einer Person vor, die ihre digitale Identität bilden, und auf die sie umfassenden Zugriff hat.
Wir könnten so vieles besser machen, wenn wir die ganzen Daten, die es gibt, anonymisiert für zum Beispiel Data Science nutzen würden. Und wenn ich „wir“ sage, meine ich damit nicht nur ein oder zwei Firmen, sondern die Allgemeinheit. Dafür müssten die Gesetze vermutlich sinnvoll erweitert und transparente und glaubhafte Kontrollmechanismen umgesetzt werden. Für mich steht der gesellschaftliche Mehrwert im Vordergrund.

Was verstehst du unter transparenter Datenhaltung hinsichtlich digitaler Identitäten?

Transparenz spielt aus meiner Sicht auf zwei Ebenen eine wesentliche Rolle. Die eine ist die, auf der du als Verbraucherin oder Verbraucher Datenhoheit über alles hast, was du preisgibst, vor allem über persönliche Daten. Das heißt, du kannst deine Daten und damit verknüpfte Verläufe jederzeit einsehen, und du kannst auf deine Daten zugreifen und entscheiden, ob du sie beispielsweise löschen möchtest. Transparenz geht für mich aber schon vorher los, nämlich bei einer angemessenen, kundenorientierten Aufklärung jenseits der rechtlich verpflichtenden AGB. Das heißt, dir wird sichtbar und leicht verständlich erklärt, was an welcher Stelle mit deinen Daten passiert und welche Auswirkungen eine bestimme Handlung haben kann: Wenn du beispielsweise deine Daten löschen möchtest, kann das zur Folge haben, dass dein Kauf auf Rechnung in einem Onlineshop nicht möglich ist. Solche Informationen helfen Verbraucherinnen und Verbraucher, für sie sinnvolle Entscheidungen zu treffen.

In den letzten Jahren ist der Diebstahl von digitalen Identitäten zu einem immer größer werdenden Problem geworden – mit negativen Folgen sowohl für Verbraucherinnen und Verbraucher mit digitaler Identität als auch für Unternehmen. Wirkt dein Ansatz dem entgegen?

Mir geht es darum, Verbraucherinnen und Verbrauchern auf einfachem Wege Mittel zur Verfügung zu stellen, am Wirtschaftsleben weiterhin teilnehmen zu können, sodass er oder sie beispielsweise nicht von einem Onlineshop ausgeschlossen werden kann, weil die digitale Identität gestohlen worden ist oder weil auf Grundlage nicht gut nachvollziehbarer Scores vermeintlich keine Kreditwürdigkeit besteht. Ein Shop möchte, wenn er etwas verkauft, wissen, ob die Person in der Lage ist, zu zahlen. Auf Grundlage echter und relevanter Daten könnte für einen konkreten Fall im Moment des Kaufs gesagt werden, „ja“ oder „nein“. Und wenn dafür nicht ausreichend Daten vorhanden sind, kann die Person beispielsweise per PSD2 Zugriff auf ihr Konto gewähren, und entsprechende Algorithmen ermitteln dann die relevanten Werte – natürlich ohne Details zu einzelnen Transaktionen zu speichern. So kann die Aussage über die Zuverlässigkeit dieser Person und damit die digitale Identität wieder angepasst werden. Das alles ist natürlich nur auf der Grundlage von Vertrauen möglich. Und Vertrauen wiederum kann nur hergestellt werden, wenn relevante Sachverhalte transparent dargestellt werden. Meines Erachtens ist die zentrale Frage: wer hat die Hoheit über die eigenen Daten? Ich bin der festen Überzeugung, dass, wenn die Leute entscheiden dürften, welche Daten aufbewahrt werden sollen und welche nicht, und wenn erklärt wird, was mit den Daten gemacht wird und warum, sie ihre Daten an diesem einen zentralen Ort auch speichern würden. Umfassend transparent zu sein – ich glaube, das ist der Schritt in die Zukunft.

Welche positiven Effekte siehst du noch?

Das würde ich gerne am Beispiel Spam erläutern: ich kriege zurzeit selbst enorm viel Spam. Ich lösche diese Mails manuell und wenn ich Glück habe, hört das in zwei, drei Monaten wieder auf. Aber viel eleganter wäre doch, wenn ich mithilfe von durch Hashes verschlüsselten E-Mailadressen, die wie all meine anderen Daten an einem Ort verwaltet würden, in der Lage wäre, auszuwählen: diesen Newsletter möchte ich weiter beziehen, jene Mail ist Spam, und Mails mit dem Inhalt XY möchte ich nicht mehr bekommen. Im Endeffekt kann ich bestimmen, was ich bekommen möchte und was nicht, das heißt, ich möchte nicht belästigt werden, sondern einen Mehrwert haben. Vielleicht möchte ich an Weihnachten eine konkrete, auf mich zugeschnittene Liste mit Geschenkvorschlägen für meine Freunde und Familie bekommen, und mir keine Gedanken darüber machen müssen. Oder ich möchte genau das nicht. Das will ich aber jederzeit selbst bestimmen können (self sovereign identity (SSI)). Auch wie persönliche Daten für mich arbeiten oder nicht. Insgesamt hätte so ein Konstrukt einen großen Mehrwert für jede einzelne Person, unabhängig davon, wo dieses Konstrukt liegt.

Vielen Dank für das Interview zum Thema digitale Identitäten, Hendrik!

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